Sepsis-Früherkennung

Projekt RESCUE-SEPS

Entwicklung eines Gesamtsystems für die Früherkennung von Sepsis mittels isothermaler Amplifikation

Mikrofluidische Kartusche
© Fraunhofer IMM
Mikrofluidische Kartusche zur isothermen Nukleinsäureamplifikation (Prototyp)
Echtzeitmessung mittels Fluoreszenzdetektion
© Fraunhofer IMM
Echtzeitmessung mittels Fluoreszenzdetektion

Jeder fünfte Todesfall, sowohl Deutschland- als auch weltweit, ist Sepsis-assoziiert [1]. Bei einer Sepsis findet im Körper im Rahmen einer Infektionsabwehr eine überschießende, systemische Entzündungsreaktion statt, mit folgenschweren Auswirkungen wie septischem Kreislaufschock und Multiorganversagen. Entscheidend für den Krankheitsverlauf und die Überlebenschancen ist eine frühzeitige Diagnose für einen frühestmöglichen Therapiebeginn. Gegenwärtige Untersuchungen zur Diagnosesicherung haben jedoch einen Nachteil gemeinsam, nämlich ihre Langsamkeit. Während in der Klinik derzeit eingesetzte Sepsismarker wie das C-reaktive Protein und Procalcitonin Krankheitsaktivitäten erst mit einer Verzögerung von bis zu 24 Stunden folgen bzw. Höchstwerte erreichen, nehmen Blutkulturverfahren bis zur Verfügbarkeit eines aussagekräftigen Ergebnisses sogar mehrere Tage in Anspruch. Dabei ist im Fall einer Sepsis keinerlei Zeit zu verlieren, denn jede Stunde die ohne adäquate antiinfektive Therapie verstreicht, erhöht die Sterblichkeit um etwa 7 %, wenn bereits ein Kreislaufschock vorliegt [2].

Das Funktionsprinzip

Im Projekt RESCUE-SEPS haben sich Wissenschaftler*innen des Fraunhofer IMM und der Abteilung Sportmedizin, Prävention und Rehabilitation der JGU Mainz der Entwicklung und Erforschung eines Sepsis-Früherkennungssystems gewidmet. Der Ansatz basiert auf der Kombination eines vielversprechenden potenziellen Früh-Markers und innovativer Mikrosystemtechnik, mit dem Ziel, eine Schnelltestung direkt am Point-of-Care wie z.B. in der ambulanten und notärztlichen Versorgung zu ermöglichen. Konkret umfasst das System die quantitative Analyse von zirkulierender, zellfreier DNA (cfDNA) mittels isothermer Amplifikation, welche in einer mikrofluidischen Kartusche vollautomatisch abläuft. Als Untersuchungsmaterial dienen dazu wenige Tropfen Blut, welche ohne aufwendige Probenvorbereitung direkt analysiert werden können.

Eigenschaften und Einsatzbereiche des Nachweissystems

Im Rahmen des Vorhabens konnte erfolgreich ein Assay zur isothermen Nukleinsäureamplifikation unter Verwendung von Vollblutproben erarbeitet werden. Zusätzlich wurden ein Prototyp der Testkartusche sowie ein Analysegerät-Labordemonstrator entwickelt und in Betrieb genommen. Experimente zur „on Chip“-Implementierung der Reaktion zeigen, dass eine isotherme Amplifikation und Echtzeitmessung mittels Fluoreszenzdetektion zur quantitativen Analyse von cfDNA automatisiert innerhalb weniger Minuten möglich sind. Somit liefert das System die erforderlichen Voraussetzungen zur patientennahen Schnelltestung für die Früherkennung einer Sepsis bzw. eines erhöhten Sepsisrisikos. Darüber hinaus erlaubt das Untersuchungsverfahren ein Verlaufs-Monitoring für ein optimales therapeutisches Management.

Unser F&E-Angebot

Mit der Realisierung des beschriebenen Systems zur automatisierten, quantitativen isothermen Nukleinsäureamplifikation unter Einsatz von Vollblutproben ohne gesonderte Vorbereitung öffnet sich eine Tür zu einer Vielfalt an Anwendungsmöglichkeiten. Die Amplifikationsreaktion lässt sich schnell und unkompliziert an jede erdenkliche Ziel-Nukleinsäure anpassen, und dank des Einsatzes eines Inhibitor-robusten Assays sind komplexe, teils mehrere Aufreinigungsschritte umfassende Probenvorbereitungsverfahren entbehrlich. Damit eignet sich die Technologie insbesondere für Applikationen, die

  • ein automatisiertes Sample-to-Answer-System für einen flexiblen Einsatz am Point-of-Need
  • eine hochsensitive qualitative oder quantitative Analyse
  • ein Testergebnis innerhalb weniger Minuten

erfordern.

 

[1] Rudd KE et al. Global, regional, and national sepsis incidence and mortality, 1990-2017: analysis for the Global Burden of Disease Study. Lancet. 2020 Jan 18;395(10219):200-211.

[2] Angstwurm MWA. Früherkennung der Sepsis im häuslichen Umfeld [Early detection of sepsis in the home setting]. MMW Fortschr Med. 2023 Jun;165(11):56-60.

 

Das Projekt wurde gefördert vom Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau Rheinland-Pfalz.